Clemenshospital

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Das Clemenshospital ist ein Akutkrankenhaus mit zehn Fachabteilungen und zugleich Akademisches Lehrkrankenhaus der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Es wurde über Jahrzehnte von der Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern von der Allerseligsten Jungfrau und schmerzhaften Mutter Maria zu Münster (Clemensschwestern) getragen und steht auch heute noch in kirchlicher Trägerschaft. Seit 1732 blickt „das Clemens“ auf eine bewegte Geschichte an unterschiedlichen Standorten in Münster zurück. Nach dreijähriger Bauzeit liegt es seit 1962 am Düesbergweg im Geistviertel – auf dem weitläufigen Gelände des ebenfalls geschichtsträchtigen Haus Geist. Es ist heute ein Krankenhaus mit über 400 Betten und rund 1.100 Mitarbeitern. Jährlich werden dort rund 15.000 stationäre und 30.000 ambulante Patienten versorgt.

Geschichte

1732–1754 Stiftung, Schlaun-Pläne und barocke Hospitalkirche

Die Idee vom Clemenshospitals wurde im Jahre 1732 geboren. Stifter und Namensgeber war Clemens August I. von Bayern (1700–1761), Erzbischof von Köln – von Zeitgenossen auch Herr Fünfkirchen genannt; er war zugleich Fürstbischof von Regensburg, Osnabrück, Paderborn, Hildesheim und Münster (reg. 17191761) sowie Inhaber weiterer kirchlicher Würden. Der Wittelsbacher dürfte der Nachwelt eher als prunkliebender Rokokofürst, der eine prachtvolle Hofhaltung betrieb, Theater, Musik und die Jagd liebte sowie zahlreiche Schlösser bauen bzw. umbauen ließ, in Erinnerung geblieben sein. Dennoch spielte er auch kirchenpolitisch und als Mäzen eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Clemens August teilte im April 1732 dem Domkapitel mit, dass er der Stadt ein Hospital zu stiften gedenke. Bis zur endgültigen Ausführung vergingen allerdings noch zwei Jahrzehnte. In dieser Zeit hat sich nicht nur das Gesamtkonzept, sondern auch der Standort mehrfach geändert. Wahrscheinlich hat der Kölner Kurfürst, der sich als Bischof und Landesherr nur selten im Fürstbistum Münster aufhielt, nicht ernsthaft vorgehabt, sein 1719 den münsterischen Ständen gegebenes Versprechen, nämlich ein repräsentatives Residenzschloss zu errichten. Dennoch gibt es detaillierte Entwürfe des von ihm geförderten Architekten Johann Conrad Schlaun (1695–1773) für eine fürstliche Residenzanlage – Schloss, Klosterhospital mit Kirche – auf dem Neuplatz bzw. dem Gelände der ehemaligen Zitadelle (heute Schlossplatz und Schlossgarten). Tatsächlich wurde im Jahr 1733 mit dem Bau begonnen – bezeichnend für das Projekt war, dass lediglich die Pläne des Hospitalgebäudes detailliert ausgeführt waren. Die Arbeiten wurden kurz darauf abrupt eingestellt. Möglicher Anlass dürfte die Duell-Affäre um den Komtur Johann Baptist von Roll gewesen sein, ein enger Vertrauter des Landesfürsten, der am 17. Mai 1733 im Kampf mit Friedrich Christian von Beverförde zu Werries erstochen wurde. Dieser war ein Verwandter des fürstbischöflichen Ministers Ferdinand von Plettenberg, den Clemens August in ein Mordkomplott verstrickt glaubet, und umgehend entliess – mit weitreichenden Folgen für die Reichs- und Landespolitik. Auch der begonnene Hospizbau wurde eingestellt, das Fundament blieb unangetastet; das Material wurde dreizehn Jahre später für das tatsächlich errichtete Gebäude verwendet. Die Barmherzigen Brüder des heiligen Johannes von Gott übernahmen die Krankenpflege in einem provisorischen Gebäude am Neuplatz.

Zwischenzeitlich gab es einen zweiten Plan – diesmal ohne Schloss – für Hospital und Klosterkirche. Schlauns Entwürfe (zwischen 1734–44 entstanden) für diesen Gebäudekomplex am ehemaligen Bocksplatz (im Winkel zwischen Buddengasse und Kreuzstraße) sind überliefert, kamen aber ebensowenig zur Ausführung.

Im Jahr 1744 schließlich wurde ein neues Baugrundstück in der Nähe der Servatii-Kirche zwischen der Loerstraße und der Hundestegge (heute Klemensstraße) gefunden. Für diesen Bau mit dem dazu gehörigen Kloster wurde das gelände der der Niesing-Freiheit, die auch als St.-Pauli-Freiheit bekannt war, vom Domkapitel erworben. Ab März 1745 arbeitete Schlaun erneut an Entwürfen, die diesmal zur Ausführung kamen.

Auf dem Gelände im Umfeld der heutigen Stubengasse entstand in neunjähriger Bauzeit auch ein Krankenhaus. Das relativ bescheidene Gebäude-Ensemble wurde jedoch von einer barocken Hospitalkirche dominiert; der – ab 1956 wieder aufgebauten – Clemenskirche, die heute als einziger Gebäudeteil noch erhalten ist. Sie wurde am 14. Oktober 1753 feierlich eingeweiht. Das Krankenhaus selbst wurde 1754 fertiggestellt und seine 16 Betten konnten belegt werden – von ausschließlich männliche Patienten, bei denen eine Hoffnung auf Genesung bestand. „[[Daß im ursprünglichen Hospiz nur 14-16 Krankenbetten zur Verfügung standen, die Kirche indessen mit fürstlichem Prunk aufwartete, mag aus heutiger Sicht als Diskrepanz erscheinen. Im Urteil der Zeitgenossen jedoch wurde der Glanz der Stiftung vor allem in der Gestalt des Gotteshauses gefeiert: Pracht und Würde des Kirchenbaues spiegeln das absolutistische Gottesgnadentum des Kirchenfürsten, dessen Gnadensonne in seiner Stiftung erstrahlt]].“ Anm.1

Die barmherzige Brüder aus Bayern übernahmen auch hier die Pflege. Das frühere Barmherzigenkloster ist dann seit 1818 als Clemenshospital bekannt. Nachdem barmherzige Schwestern den Krankendienst und das Hospiz bewirtschafteten.


Auf dem Gelände im Umfeld der heutigen Stubengasse entstand in neunjähriger Bauzeit ein Krankenhaus, das seit 1818 als Clemenshospital bekannt wurde. Der gesamte Gebäudekomplex, von dem nur noch die – wieder aufgebaute – Clemenskirche erhalten ist, wurde von dem westfälischen Baumeister Johann Conrad Schlaun (1695–1773) geplant. Das Krankenhaus selbst wurde 1754 fertiggestellt. Seine 16 Betten konnten bezogen werden – von ausschließlich männliche Patienten, bei denen eine Hoffnung auf Genesung bestand. Barmherzige Brüder aus Bayern übernahmen auch hier die Pflege.

Nach dem Ende des Fürstbistums und der beginnenden Säkularisation ab 1803, die im zwischenzeitlich preußisch-katholischen Münster etwas langsamer vonstatten ging, führte das Aufhebungsdekret von Napoléon I. im November 1811 die kirchliche Stiftung in die (weltliche) Trägerschaft der Stadt über. Trotz schwieriger Finanzsituation wurden aufgenommene Patienten angeblich weiterhin kostenlos behandelt. 1814 musste deshalb angeblich sogar das Silbergerät der angeschlossenen Clemenskirche verkauft werden. Hinzu kam die Überalterung der geistlichen Krankenpfleger. Als schließlich 1818 die Klöster Ringe und Verspoel sowie das Gast- und Irrenhaus St. Martini aufgehoben wurden, erhielt das Clemenshospital deren noch verfügbares Kapital, wodurch sich die finanzielle Lage kurzfristig entspannte. In dieser Zeit wurde auch mit der Behandlung weiblicher Patienten im Krankenhaus begonnen. Weiterhin blieb das verfügbare Pflegepersonal knapp war. „Die Barmherzigen Brüder, die auf sehr viele Schwierigkeiten bei der Führung des Hauses stießen, wurden abgezogen. Die Städtische Armenkommission konnte kein geeignetes Pflegepersonal finden.“ Anm.2

Als Johann Hermann Hüffer zu Beginn seines lokalpolitischen Wirkens als junger Munizipalrat (Stadtverordneter) und Mitglied der Armenkommission begann, lag ihm das Clemenshospital besonders am Herzen. In seinen Lebenserinnerungen stellt er fest, dass die Brüder während der zurückliegenden Kriegszeiten „schlecht gewirthschaftet, und in den Kriegsjahren einen großen Theil des Vermögens wohl aufgezehrt [hätten]; ein anderer Theil war in die Wiener Bank angelegt und trug fast gar keine Zinsen. (...) Die Mönche waren nach und nach gestorben , die Utensilien bei Seite geschafft, die Gebäude verfallen. — Die Wirthschaft und Krankenpflege besorgte ein protestantischer [!] Apotheker, der mit seiner Frau in der Anstalt wohnte.Anm.3

Im Jahr 1818 besuchte Hüffer als Mitglied der neu zusammengestellten Armenkommission das Hospital, er fand ein Bild des Jammers vor:

Als ich dasselbe zum erstenmal besuchte, gelangte ich aus einem Nebenhause über die umgefallene Gartenmauer, also gleichsam über eine Bresche dahin. Von Kranken fand ich nur zwei krätzige Handwerksburschen vor; ein Paar Strohsäcke, ein Paar Betttücher und wollene Decken bildeten das ganze Inventar des Krankenzimmers, von Matratzen war keine einzige vorhanden.“ Auch mit der Verwaltung des Clemenshospitals stand es nicht zum besten: Der Apotheker Bredow war schwindsüchtig und seine Frau war ebenfalls nicht sehr geeignet; eine neue Einrichtung war daher bald als unerlässlich vorauszusehen. Anm.4

ab 1818 Schwieriger Neubeginn

Der frisch bestallten Armenkommission, die sich „mit der Obsorge für die Spitäler und Armenhäuser zu befassen hatte“ (Hüffer), stand Domdechant Graf von Spiegel als Präsident vor; ein weiteres prominentes Mitglied war der Oberpräsident von Vincke – womit auch das Spannungsfeld abgesteckt war: Alt hergebrachte katholisch-karitative gegenüber moderner, preußisch-weltlicher Sichtweise zur Trägerschaft und Verwaltung eines solchen Hospitals. Ein geschmeidiger adelig-klerikaler Diplomat mit Wurzeln aus der guten alten fürstbischöflichen Zeit und ein zupackender preußischer Verwaltungsfachmann und Vertreter der Königlichen Regierung, von der „vorauszusehen war, daß ihr jeder auch nur entfernte Anschein einer klösterlichen Einrichtung ein Gräuel sein würde.“ Dazwischen der aufstrebende Wirtschaftsbürger, münsterländische Jungpolitiker (und Katholik) Hüffer, dem am Ende eine geschickte Vermittlungslösung zum Neugebinn des Clemenshospitales gelang.

Dabei glaubte Hüffer, zwei Probleme schnell gelöst zu haben: Erstens das der Pflege, durch den Einsatz der am 1. November 1808 gegründeten Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern, die sich am französischen Vorbild des hl. Vinzenz von Paula orientierten. Diese – später nur noch als „Clemensschwestern“ bekannten – Frauen hatten ihre Ordensregel von Generalvikar Clemens August Droste zu Vischering erhalten. Droste zu Vischering, der spätere Erzbischof von Köln (reg. 1835–1845), war nicht nur ein Konkurrent des Grafen von Spiegel; in verband vor allem eine „große persönliche Abneigung“ (Hüffer) mit dem Vertreter der Regierung, dem Oberpräsidenten von Vincke. Im übrigen war ein weiteres Mitglied der Kommission, der Medizinalrat Professor Bernard Bodde, erklärter Gegner aller geistlichen Anstalten.

Zweitens; ein finanzielles Problem: „Die Gräfin [Sophie Charlotte] von Stolberg erbot sich die Revenüen eines bedeutenden Kapitals – ich glaube von 24,000 Rthlr. – für die neue Anstalt zu bestimmen; so wurde diese ins Leben gerufen. Es traten noch zwei andere Schwestern hinzu, und diese drei, in einem kleinen Hause auf der Bergstraße wohnend, begannen ihre segensreiche Wirksamkeit in der Weise, daß sie arme Kranke in deren Wohnungen aufsuchten und dort pflegten. Die dritte barmherzige Schwester war im übrigen die Konvertitin, Maria Alberti (1767–1812), „die erste Mutter der Clemensschwestern“. Hüffer gelang es, den Neuanfang des Clemenshospital diesen ambulanten Krankenpflegerinnnen von der Bergstraße, die damit die Barmherzogen Brüder und eine Übergangsphase von schlecht bezahlten Hilfskräften, in die Hände zu legen. „Ohne irgend jemand etwas davon zu sagen, stellte ich die Bedingungen zusammen, unter welchen nach meiner Meinung die Aufnahme statt finden können, ohne eine Collision der geistlichen und weltlichen Beziehungen herbeizuführen.Anm. 4

Mit welchen Verwicklungen, Intrigen und Blockadeversuchen Hüffer noch zu kämpfen hatte, läßt sich ausführlich in seinen Lebenserinnerungen nachlesen. Am Ende wurde sein ursprünglicher Plan beschlossen und am 1. Mai 1820 in die Tat umgesetzt. „Nur zu Dreien zogen die barmherzigen Schwestern ein, bald vermehrte sich ihre Zahl und der Ruf der Anstalt unter der vortrefflichen Leitung der Oberin Fräulein von Höflinger. [Die Nachfolgerin der verstorbenen Maria Alberti] Nicht bloß männliche Kranke, wie früher bei den barmherzigen Brüdern, sondern auch weibliche wurden aufgenommen, das Inventar wurde vervollständigt, Reinlichkeit und Ordnung walteten in allen Richtungen." Anm. 5

Damit hatte Hüffer zugleich eine Lösung mit Vorbildcharakter für eine zukunftsweisende Organisation bzw. Zentralisation des Hospiz- und Armenwesens vorgelegt. Seine Auflösung der gegenseitigen Blockade von Staat und Kirche war ein wichtiger Schritt zu einer modernen Armenfürsorge unter katholischen Vorzeichen, wie sie heute noch in Münster fortwirkt.

Als das preußische Königspaar Friedrich Wilhelm IV. und Elisabeth im Jahr 1842 zum sogenannten Dombaufest nach Köln reisten, machten sie auch in Münster Station. Sicherlich auch ein Anzeichen für das inzwischen entspanntere Verhältnis zwischen katholischer Kirche und preußischem Staat (siehe hierzu ausführlich: Kölner Kirchenstreit). Feierlicher Höhepunkt war die Grundsteinlegung für ein neues Gebäude des baufälligen Clemenshospitals durch Königin Elisabeth (1801 –1873), eine geborene Prinzessin von Bayern. Auch ein von der Stadt ausgerichtetes Fest auf dem Domhof stand auf dem Besuchsprogramm.

Einzelnachweise

  • [Anm. 1]: Karl Noelles: Die Clemenskirche in Münster, 1994, Seite 3 f.
  • [Anm. 2]: Selbstdarstellung Clemenshospital: Historie ; zuletzt abgerufen am 3. April 2013
  • [Anm. 3]: Johann Hermann Hüffer: Erlebtes (Als Manuskript für seine Kinder gedruckt). Aschendorff, Münster 1854, Seite 56
  • [Anm. 4]: Johann Hermann Hüffer: Erlebtes (Als Manuskript für seine Kinder gedruckt). Aschendorff, Münster 1854, Seite 57
  • [Anm. 5]: Johann Hermann Hüffer: Erlebtes (Als Manuskript für seine Kinder gedruckt). Aschendorff, Münster 1854, Seite 58
  • [Anm. 6]: Johann Hermann Hüffer: Erlebtes (Als Manuskript für seine Kinder gedruckt). Aschendorff, Münster 1854, Seite 62

Literatur

  • Johann Hermann Hüffer: Erlebtes (Als Manuskript für seine Kinder gedruckt). Aschendorff, Münster 1854 (insbes. ab Seite 55: Wirksamkeit als Mitglied der Armen-Commission)
  • Susanne Kill: Das Bürgertum in Münster 1770-1870: Bürgerliche Selbstbestimmung im Spannungsfeld von Kirche und Staat. Verlag R. Oldenburg, München 2001 (insbes. Teil III: Neue Orientierungen und Tradition)
  • Karl Noelles: Die Clemenskirche in Münster. Westfälische Kunststätten, Heft 70, herausgegeben vom Westfälischen Heimatbund, Münster 1994

Weblinks