Bonifatius von Hatzfeldt-Trachenberg: Unterschied zwischen den Versionen
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− | '''Bonifatius Reichsgraf von Hatzfeld-Trachenberg''' ([[27. April]] [[1854]] in Paris; † [[31. Oktober]] [[1921]] in [[Handorf]]) war ein preußischer Adeliger, der sich als Privatier nach Handorf zurückzog und dort die sogenannte [[Boniburg]] erbauen ließ. | + | '''Bonifatius Reichsgraf von Hatzfeldt-Trachenberg''' (auch '''Bonifatius Reichsgraf von Hatzfeld-Trachenberg''') ([[27. April]] [[1854]] in Paris; † [[31. Oktober]] [[1921]] in [[Handorf]]) war ein preußischer Adeliger, der sich als Privatier nach Handorf zurückzog und dort die sogenannte [[Boniburg]] erbauen ließ. |
− | Bonifatius von Hatzfeld-Trachenberg | + | ==Herkunft und Jugend== |
+ | Bonifatius von Hatzfeld-Trachenberg entstammt einer schlesischen Adelsfamilie und wurde am 27. April 1854 in Paris als Sohn des Königlichen Geheimen Rates Maximilian Reichsgraf von Hatzfeld-Trachenberg († 1859) geboren, der in der französischen Hauptstadt als preußischer Gesandter fungierte. Nach dessen Tod wurde die minderjährigen Kinder nach Sagan in Schlesien zur Herzogin [http://de.wikipedia.org/wiki/Dorothea_von_Sagan Dorothea von Sagan] gegeben; dort wuchsen sie gemeinsam auf. Im Jahre 1875 kam Bonifatius nach Westfalen - die Umstände dazu sind bisher nicht ermittelt worden. | ||
− | + | ==Handorf== | |
− | + | [[1875]] kaufte von Hatzfeld-Trachenberg in Handorf bei Münster eine große Villa an der Werse, die er zunächst restaurieren ließ, dann niederlegte und neu im Stil der Neurenaissance schlossähnlich aufbauen ließ. Die ursprüngliche Villa hatte sich der preußische Regierungsrat Eduard von Schleebrügge ([[20. Mai]] [[1812]] bis [[2. Februar]] 1874) erst 1868 erbauen lassen, der in Münster bei der Generalkommission tätig war. Diese Burg wurde in Münster bald nach dem Vornamen des Grafen "Boniburg" genannt. | |
− | + | Als Bonifatius am [[23. Juni]] [[1878]] Olga von Manoukbey, die Tochter eines Großfürsten aus Chișinău (russisch: Кишинёв) im heutigen Moldawien heiratete, wurde er ein reicher Mann. Sein Schwiegervater hatte eine große Schweinezucht, von deren Erträgen er große Beträge nach Münster überwies. Die Bevölkerung nannte die Gräfin deshalb "Schweineprinzessin". | |
− | + | Bis 1898 ließ er die ''Boniburg'' im Stil eines Schlosses der Neurenaissance aus- und umbauen. Die Einkünfte seiner Frau ermöglichten es ihm auch, weitläufige Ländereien zwischen seinem Wohnsitz und der Eisenbahnlinie von Münster nach Osnabrück zu erwerben und aufzuforsten. So schuf er sich ein eigenes Jagdrevier, den heute nach ihm benannten [[Boniburger Wald]], der heute bei Joggern, Spaziergängern und einem Waldkindergarten hoch geschätzt ist. | |
− | + | Der Graf beschäftigte Handwerker und Arbeiter zur Bewirtschaftung seines Gutes, für die er in der Nähe eigene Wohnhäuser bauen ließ. Seit 1910 entstand das heutige Straßendorf mit Namen [[Mariendorf]], das seinen Namen nach einer Wirtschafterin des Grafen erhalten haben soll. Auch eine Schmiede und eine Stellmacherei gehörten zum Bauprogramm. Dieses Haus dient heute als Ausbildungswerkstatt für Forstwirte. | |
− | + | [[1884]] erwarb von Hatzfeld-Trachenberg das Anwesen [[Dyckburg]] vom Landwirt Richter aus [[Roxel]]; es bestand aus zwei Ökonomiegebäuden und einer Loreto-Kapelle, die der westfälische Barockbaumeister [[Johann Conrad Schlaun]] errichtet hatte. 1894 beauftragte der Graf den Baumeister Rincklage mit der Erweiterung der Kapelle durch einen achteckigen Kuppelbau mit anschließendem Chor in neubarockem Stil. 1914 fügte der Besitzer eine Grabkapelle hinzu, in der er und seine Frau Olga bestattet worden sind. Am [[25. Dezember]] [[1920]] starb die Gräfin während eines Besuches ihrer Schwester in Meran, Schon am [[27. Juli]] [[1921]] heiratete der Graf Aline Collee Janssens aus Turnhout, der er testamentarisch sein Vermögen zusprach. Er starb am 31. Oktober 1921 in Münster und wurde mit seiner ersten Frau in der Grabkapelle der Dyckburg beigesetzt. Die Grabsteine dort listen alle ihnen verliehenen Orden und Ehrenzeichen auf. | |
− | Heute wird der Park der früheren Boniburg mit einer Größe von neun Hektar am Nordufer der Werse als Naherholungsgebiet ausgewiesen. Der Eingang der Anlage ist von einem repräsentativen Tor flankiert, der Park durch eine hohe Ziegelmauer begrenzt. Die Stadt Münster hat das Gelände als Landschaftspark im Jahre | + | ==Nachleben== |
+ | Die Stadt Münster erwarb im März 1924 von seiner Witwe sowohl die Dyckburg als auch die Boniburg. Die Stadt richtete in der Boniburg eine Kaffeewirtschaft ein und später das "Kurhaus Boniburg". Der Hotelier Ernst Roeber entwickelte das Anwesen zu einem exklusiven Ausflugsziel des Münsterlandes. Das Kurhaus wurde am 17.Juli 1924 unter Anteilnahme der Münsteraner Prominenz eröffnet. Am Ufer der Werse legte man mehrere große Gartenterrassen an. Als Zierrat waren verschiedene Sandstein-Figuren aufgestellt. Es gab auch eine Anlegestelle für Boote; der Wald wurde für weitläufige Spaziergänge erschlossen. 1882 veranstaltete der [[Ruderverein Münster]] auf der Werse zwischen Boniburg und "Hof zur Linde" seine erste Regatta und baute im Jahre 1890 ein Bootshaus; später kam der [[Akademischer Ruder-Club zu Münster (ARC)|Akademische Ruder-Club]] ebenfalls hierher. | ||
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+ | Im „{{Wpl|Zweiter_Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg}}“ stark zerstört, diente das Haus ab 1951 mehrere Jahre lang Flüchtlingen aus der SBZ als Notunterkunft, bis es in den 1950er Jahren durch Brand Schaden nahm. Der zuständige Landrat ließ es 1970 in einer "Nacht- und Nebel-Aktion" abreißen. | ||
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+ | Heute wird der Park der früheren Boniburg mit einer Größe von neun Hektar am Nordufer der Werse als Naherholungsgebiet ausgewiesen. Der Eingang der Anlage ist von einem repräsentativen Tor flankiert, der Park durch eine hohe Ziegelmauer begrenzt. Die Stadt Münster hat das Gelände als Landschaftspark im Jahre 2006 als spätes Projekt der Regionale 2004 rekultiviert. Als Verbindung zum Stadtteil Handorf einerseits und zum Boniburger Wald mit dem früheren Vorsehungskloster (heute: [[Gymnasium St. Mauritz]]) andererseits überspannt eine Fußgängerbrücke den Fluß. Von den durch den Reichsgrafen gepflanzten exotischen Gehölzen haben snich vor allem einige alte Rhododendren erhalten, während eine stattliche, mehrstämmige Rotbuche 2010 zusammenfiel. | ||
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+ | ==Literatur== | ||
+ | * Wolfgang Gernert (Hg.): ''Rund um die Boniburg'', Daedalus Verlag, Münster 2013 | ||
+ | * [http://wiki-de.genealogy.net/Europäische_Stammtafeln Europäische Stammtafeln], Band VIII, Tafeln 109 - 116 (Hatzfeld, Hatzfeld-Wildenburg, Hatzfeld-Gleichen und Hatzfeld-Trachenberg), Informationen zum genealogischen Hintergrund | ||
[[Kategorie:Gestorben in Münster|Hatzfeld-Trechenberg, Bonifatius von]] | [[Kategorie:Gestorben in Münster|Hatzfeld-Trechenberg, Bonifatius von]] |
Aktuelle Version vom 6. Februar 2024, 18:07 Uhr
Bonifatius Reichsgraf von Hatzfeldt-Trachenberg (auch Bonifatius Reichsgraf von Hatzfeld-Trachenberg) (27. April 1854 in Paris; † 31. Oktober 1921 in Handorf) war ein preußischer Adeliger, der sich als Privatier nach Handorf zurückzog und dort die sogenannte Boniburg erbauen ließ.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft und Jugend
Bonifatius von Hatzfeld-Trachenberg entstammt einer schlesischen Adelsfamilie und wurde am 27. April 1854 in Paris als Sohn des Königlichen Geheimen Rates Maximilian Reichsgraf von Hatzfeld-Trachenberg († 1859) geboren, der in der französischen Hauptstadt als preußischer Gesandter fungierte. Nach dessen Tod wurde die minderjährigen Kinder nach Sagan in Schlesien zur Herzogin Dorothea von Sagan gegeben; dort wuchsen sie gemeinsam auf. Im Jahre 1875 kam Bonifatius nach Westfalen - die Umstände dazu sind bisher nicht ermittelt worden.
Handorf
1875 kaufte von Hatzfeld-Trachenberg in Handorf bei Münster eine große Villa an der Werse, die er zunächst restaurieren ließ, dann niederlegte und neu im Stil der Neurenaissance schlossähnlich aufbauen ließ. Die ursprüngliche Villa hatte sich der preußische Regierungsrat Eduard von Schleebrügge (20. Mai 1812 bis 2. Februar 1874) erst 1868 erbauen lassen, der in Münster bei der Generalkommission tätig war. Diese Burg wurde in Münster bald nach dem Vornamen des Grafen "Boniburg" genannt.
Als Bonifatius am 23. Juni 1878 Olga von Manoukbey, die Tochter eines Großfürsten aus Chișinău (russisch: Кишинёв) im heutigen Moldawien heiratete, wurde er ein reicher Mann. Sein Schwiegervater hatte eine große Schweinezucht, von deren Erträgen er große Beträge nach Münster überwies. Die Bevölkerung nannte die Gräfin deshalb "Schweineprinzessin".
Bis 1898 ließ er die Boniburg im Stil eines Schlosses der Neurenaissance aus- und umbauen. Die Einkünfte seiner Frau ermöglichten es ihm auch, weitläufige Ländereien zwischen seinem Wohnsitz und der Eisenbahnlinie von Münster nach Osnabrück zu erwerben und aufzuforsten. So schuf er sich ein eigenes Jagdrevier, den heute nach ihm benannten Boniburger Wald, der heute bei Joggern, Spaziergängern und einem Waldkindergarten hoch geschätzt ist.
Der Graf beschäftigte Handwerker und Arbeiter zur Bewirtschaftung seines Gutes, für die er in der Nähe eigene Wohnhäuser bauen ließ. Seit 1910 entstand das heutige Straßendorf mit Namen Mariendorf, das seinen Namen nach einer Wirtschafterin des Grafen erhalten haben soll. Auch eine Schmiede und eine Stellmacherei gehörten zum Bauprogramm. Dieses Haus dient heute als Ausbildungswerkstatt für Forstwirte.
1884 erwarb von Hatzfeld-Trachenberg das Anwesen Dyckburg vom Landwirt Richter aus Roxel; es bestand aus zwei Ökonomiegebäuden und einer Loreto-Kapelle, die der westfälische Barockbaumeister Johann Conrad Schlaun errichtet hatte. 1894 beauftragte der Graf den Baumeister Rincklage mit der Erweiterung der Kapelle durch einen achteckigen Kuppelbau mit anschließendem Chor in neubarockem Stil. 1914 fügte der Besitzer eine Grabkapelle hinzu, in der er und seine Frau Olga bestattet worden sind. Am 25. Dezember 1920 starb die Gräfin während eines Besuches ihrer Schwester in Meran, Schon am 27. Juli 1921 heiratete der Graf Aline Collee Janssens aus Turnhout, der er testamentarisch sein Vermögen zusprach. Er starb am 31. Oktober 1921 in Münster und wurde mit seiner ersten Frau in der Grabkapelle der Dyckburg beigesetzt. Die Grabsteine dort listen alle ihnen verliehenen Orden und Ehrenzeichen auf.
Nachleben
Die Stadt Münster erwarb im März 1924 von seiner Witwe sowohl die Dyckburg als auch die Boniburg. Die Stadt richtete in der Boniburg eine Kaffeewirtschaft ein und später das "Kurhaus Boniburg". Der Hotelier Ernst Roeber entwickelte das Anwesen zu einem exklusiven Ausflugsziel des Münsterlandes. Das Kurhaus wurde am 17.Juli 1924 unter Anteilnahme der Münsteraner Prominenz eröffnet. Am Ufer der Werse legte man mehrere große Gartenterrassen an. Als Zierrat waren verschiedene Sandstein-Figuren aufgestellt. Es gab auch eine Anlegestelle für Boote; der Wald wurde für weitläufige Spaziergänge erschlossen. 1882 veranstaltete der Ruderverein Münster auf der Werse zwischen Boniburg und "Hof zur Linde" seine erste Regatta und baute im Jahre 1890 ein Bootshaus; später kam der Akademische Ruder-Club ebenfalls hierher.
Im „Zweiten WeltkriegWP“ stark zerstört, diente das Haus ab 1951 mehrere Jahre lang Flüchtlingen aus der SBZ als Notunterkunft, bis es in den 1950er Jahren durch Brand Schaden nahm. Der zuständige Landrat ließ es 1970 in einer "Nacht- und Nebel-Aktion" abreißen.
Heute wird der Park der früheren Boniburg mit einer Größe von neun Hektar am Nordufer der Werse als Naherholungsgebiet ausgewiesen. Der Eingang der Anlage ist von einem repräsentativen Tor flankiert, der Park durch eine hohe Ziegelmauer begrenzt. Die Stadt Münster hat das Gelände als Landschaftspark im Jahre 2006 als spätes Projekt der Regionale 2004 rekultiviert. Als Verbindung zum Stadtteil Handorf einerseits und zum Boniburger Wald mit dem früheren Vorsehungskloster (heute: Gymnasium St. Mauritz) andererseits überspannt eine Fußgängerbrücke den Fluß. Von den durch den Reichsgrafen gepflanzten exotischen Gehölzen haben snich vor allem einige alte Rhododendren erhalten, während eine stattliche, mehrstämmige Rotbuche 2010 zusammenfiel.
Literatur
- Wolfgang Gernert (Hg.): Rund um die Boniburg, Daedalus Verlag, Münster 2013
- Europäische Stammtafeln, Band VIII, Tafeln 109 - 116 (Hatzfeld, Hatzfeld-Wildenburg, Hatzfeld-Gleichen und Hatzfeld-Trachenberg), Informationen zum genealogischen Hintergrund