August Stramm

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August Stramm (* 29. Juli 1874 in Münster; † 1. September 1915 gefallen bei Horodec, östlich von Kobryn, heute Weißrussland) war ein Lyriker und Dramatiker des deutschen Expressionismus.

Leben

1874–1912

August Stramm wurde als Sohn eines Bahnbeamten geboren und wuchs in Münster, Düren, Eupen sowie Aachen auf, wo er 1893 am königlichen Kaiser-Wilhelms-Gymnasium (heute Einhard-Gymnasium) das Abitur machte. Wie sein Vater, schlug er die Beamtenlaufbahn ein, trat aber in den Postdienst ein; zunächst als Posteleve, bald schon als Postsekretär in Bremen. Ab 1897 arbeitete er im Seepostdienst zwischen Deutschland und den USA. Im Jahr 1902 legte er die Verwaltungsprüfung für Post und Telegrafie ab. Im selben Jahr heiratete er Else Krafft. Das Ehepaar hatte zwei Kinder Ingeborg (*1903) und Helmuth (*1904). Ab 1905 lebte die Familie in Berlin, wo Stramm im Reichspostministerium Dienst tat. Neben seiner Arbeit studierte er und promovierte 1909 an der Universität Halle. Das Thema seiner Dissertation war das Welteinheitsporto. Im selben Jahr wurde Stramm zum Postinspektor befördert.

Kurz nach der Jahrhundertwende entstanden – eher im verborgenen – erste literarische Arbeiten, wie das Drama Die Bauern. Im folgenden Jahrzehnt schuf Stramm weitere Werke – meist Dramen wie Das Opfer (1909, verschollen) oder Die Unfruchtbaren (um 1910).

1912–1914

Um 1912 fand Stramm zum expressionistischen Stil und seinem eigenen Ton. In Dramen wie Rudimentär (um 1910) und Die Haidebraut (1914) verbinden sich naturalistische Motive mit Sprachexperimenten. August Stramm wurde wohl stark vom italienischen Futurismus beeinflußt; er schrieb nun Gedichte, die beispielhaft für den Expressionismus sind. Stramm dekonstruiert Wortformen und Syntax und fügt diese neuen Sprachelemente irritierend zusammen, wie in dem Gedicht Freudenhaus (1914): „Lichte dirnen aus den Fenstern / die Seuche / spreitet an der Tür / und bietet Weiberstöhnen aus!“ In Berlin entstand aus dem Kontakt mit Herwarth Walden, dem Herausgeber der Zeitschrift | Der Sturm, entstand bald eine enge Freundschaft, die für den dichterischen Einzelgänger Stramm befreiende Wirkung hatte.

Denn man muß wissen, daß der junge, offenbar maßlos isolierte, früh verlachte Stramm seit längerem geschrieben hat: ekstatische Verse, ekstatische Szenerarien, wie sie in jener Zeit in der Luft lagen, dennoch von kräftiger Eigenart.[Anm.1]

Dank der Verbindung zu Herwarth Walden und dessen Ehefrau Nell hatte Stramm nun Kontakte zur künstlerischen Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts und vor allem die Möglichkeit, in einer anerkannten Kunst- und Literaturzeitschrift zu veröffentlichen. Die damit verbundene Anerkennung war schließlich Auslöser und Motivationsschub für Stramms letzte und produktivste Schaffensphase. In dieser Zeit entstanden seine Kriegsgedichte; gesammelt unter dem Titel Tropfblut (postum veröffentlicht 1919).

"Was uns heute an der Lyrik dieses von mystischer Unruhe getriebenen Dichters ergreift, ist die Tatsache, daß sich in ihr die aufs äußerste komprimierte, kondensierte Vision unversehens (und unbeabsichtigt) zur „Abstraktion“ entwickelt. Die genialen Schnappschüsse nehmen die Linien einer gegenstandlosen „verbalen“ Graphik an." [Anm.1]

Die Patrouille, ein kurzer Sechszeiler aus dem Krieg, wurde zu einem seiner berühmtesten Gedichte:

Patrouille
Die Steine feinden
Fenster grinst Verrat
Aeste würgen
Berge Sträucher blättern raschlig
Gellen
Tod.


Militärische Laufbahn und Tod

Stramm hatte 1896/97 seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger absolviert. Bei Kriegsbeginn trat er 1914 als Hauptmann der Reserve im Badischen Landwehr-Infanterie-Regiment 110 ein, das hinter der Front am Oberrhein im Elsass eingesetzt war.

Im Januar 1915 wurde Stramm als Kompanieführer zum Reserve-Infanterie-Regiment 272 der neugebildeten 82. Reservedivision versetzt, die im Stellungskrieg bei Chaulnes an der Somme kämpfte. Ende Februar erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse. Im April 1915 wurde er mit seinem Regiment an die Ostfront verlegt. Dort nahm er Anfang Mai an der Schlacht von Gorlice teil. Am 19. Mai wurde er zum Bataillonskommandeur befördert. Er kämpfte in der Schlacht bei Radymno und im Juli bei Grodek, wofür er das Österreichische Verdienstkreuz erhielt. Am 1. September 1915 fiel Stramm beim Angriff auf russische Stellungen am Dnepr-Bug-Kanal, heute in Weißrussland gelegen.

August Stramm und sein Sohn Helmuth liegen auf dem Südwestfriedhof Stahnsdorf an östlich von Potsdam begraben.

Einzelnachweise

  • Anm.1: zitiert aus: Karl Krolow: Vergessene deutsche Dichter (3): August Stramm; in: DIE ZEIT, 26. Juli 1956, Nr. 30